Jahresrückblick 2020 – die Welt steht still aber wir machen weiter!

Jahresrückblick 2020 – die Welt steht still aber wir machen weiter!

Was hatten wir uns vorgenommen – es sollte unser großes Jahr 2020 werden! Das erste Mal haben wir wirklich strukturiert trainiert. Im Herbst 2019 habe ich mir viel Wissen zur Trainingssteuerung und -lehre angeeignet und auf dieser Basis Rebeccas und mein Training geplant. Dazu hatten wir den Plan, unsere Ernährung umzustellen und temporär vegan zu leben, um auch aus ernährungstechnischer Sicht einen neuen Reiz zu setzen. Unser Ziel: In neue Leistungsbereiche vordringen. Diesen Jahresrückblick 2020 wollen wir also als Resümee nutzen und gleichzeitig einen kleinen Ausblick auf 2021 geben.

Swim & Run im Februar

Schon Anfang 2020 im Februar stand der erste kleine Leistungstest im Kalender – Vereinsmeisterschaften von Triathlon Wetterau im Swim&Run. Das Training bis dahin war wenig spektakulär und eher grundlagengeprägt, lediglich mittwochabends leiteten wir ein intensiveres Lauftraining für die Wetterauer Triathleten. Daher waren unsere Erwartungen an den Swim&Run eher gering.

Den 500m Schwimm-Split absolvierte Becci in 8:20min – schneller als alles je Geschwommene in den Rennen 2018 und 2019. Ich war mit meinen 7:43min hingegen eher unzufrieden. Nie schneller gewesen, hatte ich trotzdem auf eine 7:30min gehofft.

Der anschließende 5km Lauf erfolge dann als Jagdstart. Mehr noch als über den 1. Platz habe ich mich über die Performance mit einem 3:00min/km Schnitt gefreut. Das Laufen war leichtfüßig und fühlte sich kaum nach Arbeit an. Schneller als 3:20min/km bin ich bis hierher nie im Training gelaufen. Die Grundlage macht’s also.

Auch bei Becci war es ein guter Lauf mit 4:16min/km. Wir bekamen beide eine Bestätigung für unseren eingeschlagenen Weg. Die Kombination aus Struktur im Training, neuen Krafttrainingsreizen und einer vollwertig pflanzenbetonten Ernährung schien für uns gut zu funktionieren.

Trainingslager auf Malle 2020 – kurz-kurz is Calling !

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Sa Calobra

Zusammen mit zwei Freunden flogen wir Ende Februar auf die Insel der Radfahrer, um unsere Hausstrecke Watopia gegen echten Wind, Berge und Sonne einzutauschen. Der Fokus lag klar auf der Weiterentwicklung der Ausdauer mit sehr vielen Radanteilen, aber auch das öffentliche Schwimmbad in Port d’Alcudia wollten wir intensiv nutzen.

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Nicht zur das Radfahren macht Spaß auf der Insel 🙂

Anfängliche Bedenken wegen unserer veganen Ernährung stellten sich als unbegründet heraus. Das reichhaltige Buffet des Alcudia Gardens bot auch uns eine abwechslungsreiche und vor allem schmackhafte lokale Küche. Meine 1kg Dose Notfall-Erdnussbutter war zwar nicht nötig, füllte aber trotzdem nach langen Radeinheiten einen Teil der verbrannten Kalorien wieder auf 😉

Wir können festhalten, dass Malle einfach der perfekte Ort zum Radfahren ist. Die Mischung aus flachen bis leicht welligen Runden an der Ostküste oder gebirgige Ausfahrten in der Tramuntana bieten trainingstechnisch vielseitige Möglichkeiten. Highlight unseres Trainingslagers war u.a. die schönste Sackgasse der Insel: Das Cap Formentor. Aber auch Sa Calobra mit seinen Serpentinen ist ein Genuss für jeden Radsportler – leider hat diese Strecke bei Becci nicht in den Trainingsplan gepasst. Macht aber nichts, denn eines steht fest: Wir kommen definitiv wieder und dann geht’s zum Puig Major und nach Orient 🙂

Straßenlauf , Cross-DM und die Schatten von Corona

Frisch von Malle zurück sind wir ins kalte, verregnete und stürmische Niederfischbach zu einem Straßenlauf gefahren. Ziel war es, etwas Rennpraxis für die Deutschen Crossmeisterschaften 2020 zu sammeln. Die schweren Beine aufgrund der vielen Radkilometer haben wir beim Warm-Up definitiv noch gespürt. Bei Becci hat es trotzdem zu guten 21:18min über die 5km gereicht.

Ich hatte trotz der widrigen Bedingungen mit einer neuen Bestzeit von unter 31min geliebäugelt. Dementsprechend lief ich die erste Hälfte mit Rückenwind gleichmäßig in 3.05min/km an. Nach dem Wendepunkt wurde es zäher. Aber mit dem Ziel vor Augen biss ich mich durch, um schließlich eine neue Bestzeit und den gleichzeitigen Streckenrekord von 30:55min zu bejubeln.

In der Woche vor den Deutschen Crossmeisterschaften erkältete Becci sich leider und schied damit für die DM 2020 aus – somit ging nur ich an den Start. Gemeinsam mit meinen Teamkameraden war das Ziel, die knapp verfehlte Medaille aus dem Vorjahr zu holen. Das Rennen fand auf dem Freibadgelände in Sindelfingen statt. Aufgrund des Regens und den vorherigen Rennen war die Strecke ein regelrechtes Schlachtfeld. Auch Corona war inzwischen sehr präsent. Überall standen Desinfektionsspender.

Vom Start weg entwickelte sich ein sehr kräftezehrendes Rennen über die 9,9km. Nach 1/3 des Rennens arbeitete ich mich bis auf den 7. Rang vor, um in den letzten beiden Runden wieder etwas abzubauen und auf Platz 9 zu finishen. Zusammen mit Jonas und Freddy konnten wir uns so die Silbermedaille erkämpfen. Ich hatte definitiv nicht die besten Beine, aber vor allem das Krafttraining aus dem Winter zahlte sich auf dieser Strecke aus.

Schlammschlacht bei den Deutschen Cross-Meisterschaften in Sindelfingen
Schlammschlacht bei den Deutschen Cross-Meisterschaften 2020 in Sindelfingen

It’s Lock-Down Time – All Races Cancelled

Im Nachhinein kann man von Glück sprechen, dass wenigstens diese beiden Rennen stattgefunden haben. Bereits eine Woche später kam die Absage für mein Saisonhighlight, die Duathlon EM 2020 in Alsdorf und wie sich später herausstellen sollte, auch für alles andere. Eine neue 10er Bestzeit und die Silbermedaille im Cross war für diese 2020er Saison also weit besser als nichts.

Becci und ich stellten unser Training entsprechend um und legten den Fokus auf Grundlage und Radleistung. Das Ziel: Sollten doch Rennen stattfinden, würden wir vorher die Intensität anziehen, um gut vorbereitet an der Linie zu stehen. Wir beide konnten Dank dieser Fokussierung unsere Schwellenleistung auf dem Rad weiter ausbauen. Ich arbeitete außerdem akribisch an meiner TT-Position.

Aufgrund des Lock-Downs verbrachten wir beide mehr Zeit zu Hause und nutzten die Situation, um uns auch kulinarisch so richtig auszutoben. Wir gewöhnten uns an das vegane Kochen und gewisse Standardzutaten und Gewürze zogen in unseren Haushalt ein. Nach vier Monaten rein pflanzlicher Ernährung war es außerdem an der Zeit, unsere Blutwerte zu checken. Ergebnis: Alles im grünen Bereich. Bei mir seit Jahren auch erstmals der Cholesterinwert (kein Wunder :-)).

Challenges 2020 – Rad und Lauf-Tests in größerer Runde

Ungewiss und ohne Ziele „vor sich hinzutrainieren“ kann mitunter etwas langweilig werden. Daher bastelten wir uns gemeinsam mit Freunden kleine inoffizielle Events mit eigener Zeitnahme auf Vertrauensbasis. Das gute Material musste ja auch mal auf die Straße/ Bahn.

Bei Becci war dies ein 5km Test auf der Bahn in Wenden. Da ich im Mai leichte Probleme mit der Achillessehne hatte und erst einmal vorsichtig agieren wollte, bat ich mich als Pacemaker an. Im Gleichschritt spulten wir die 12,5 Runden ab und freuten uns über Beccis Leistung von 20:50min. Trotz der Fokussierung auf das Radfahren war von Februar bis hierher ein schöner Leistungssprung drin.

Mein großes Event, zusammen mit acht weiteren Verrückten, sollte am Pfingstmontag auf der fast leeren B275 zwischen Ober-Mörlen und Usingen stattfinden. Vier Wendepunkt-Runden über 23km ergaben insgesamt 92km Gesamtstrecke. Damit bot sich die perfekte Gelegenheit, die Aerodynamik und Leistung zu testen und sich wenigstens vereinsintern zu messen.

Mein Rennplan war, das Ganze kontrolliert anzugehen und nicht zu überziehen. Bei einem Puls von 160 nahm ich mir vor, die Wattwerte etwas zu drosseln. Die ersten beiden Runden waren daher mit 269 und 277 Watt noch überschaubar. Der Blick zu den Konkurrenten an den Wendepunkten verriet mir aber auch, dass es bisher sehr eng zuging. Deswegen gab ich in der zweiten Rennhälfte etwas mehr Druck aufs Pedal und so gelang es mir in den letzten beiden Runden mit 286 und 292 Watt einen Vorsprung von 3min herauszufahren. Mit durchschnittlich 281 Watt und einer Geschwindigkeit von 42,0 km/h konnte auch der Aerodynamiktest als gelungen bewertet werden.

Aero-Testing auf der B275
Aero-Testing auf der B275

Ohne eigene Konkurrenz, aber willens sich selbst zu testen, kam auch Becci später zur B275 um über eine Runde à 23km Gas zu geben. Die Uhr blieb nach 39:31min stehen – 34,7 km/h mit 188 Watt konnten sich durchaus sehen lassen. Die aggressive TT-Position bedarf allerdings noch etwas Übung, um demnächst näher an die Schwelle fahren zu können und lange ruhig und tief zu bleiben.

Letzte Challenge 2020 war ein Bergzeitfahren über 4,9km an unserem Hausberg, dem „Monte Hubertus“ bei fürchterlichen 3,9% durchschnittlicher Schwierigkeit. Dieses Mal nicht mit guten Beinen gesegnet, musste ich Henrik aus meinem Verein um 2 Sekunden den Vortritt lassen. Für die Zeit von 10:30min wendete ich durchschnittlich 391 Watt auf – Ziel von 400 leider verfehlt. Becci benötigte für die Strecke 13:39min und freute sich über starke 248 Watt.

Im Anschluss gab es für alle Teilnehmer eine 80km Runde durch die Wetterau und anschließend Snacks und Bierchen bei uns im Garten. Auch wenn dies keine „echten“ Rennen waren, machte es riesigen Spaß, seine eigene Trainingsform mit anderen Athleten zu messen und sich gemeinsam anzustrengen wie im realen Wettkampf. Ein kleiner Trost in einer Zeit ohne Triathlons.

Swimming in Corona Times

Mit dem Lock-Down schlossen leider auch die Schwimmbäder. Das zarte Pflänzchen unserer Schwimmentwicklung war damit akut in Gefahr, sodass ich am Tag der Verkündung des Lock-Downs direkt ein Zugseil zum Schwimmtraining an Land bestellte. Anstatt bereits im April in die kalten Fluten zu springen, nutzten wir die Zeit, um unsere Schwimmmuskulatur zu stärken und die Beweglichkeit der Schulter durch gezieltes Dehnen zu verbessern.

Mit den ersten wärmeren Nächten wurde allerdings auch der Trais-Horloffer, wie auch der Dutenhofener See, wärmer und wir begannen 2-3x die Woche im Freiwasser mit Neo zu trainieren. Nach kurzer Eingewöhnung stellten wir fest, dass das Landtraining geholfen hatte. Durch das spezifische Krafttraining waren wir so gut vorbereitet wie nie, um auch längere Strecken ohne Ermüdung durchschwimmen zu können.

Ab Mitte März hatten wir zusätzlich die Gelegenheit, regelmäßig bei einer Freundin im Pool mit Gegenstromanlage zu trainieren. So konnten wir neben dem grundlagenlastigen Freiwasserschwimmen auch am Speed im Wasser arbeiten.

Berge und Wein

Ursprünglich hatten wir einen Campervan gemietet, um im Juli 2020 zwei Wochen in den französischen Alpen zu verbringen und dort am Powerman France in Embrun teilzunehmen. Das Rennen wurde zwar abgesagt, den Bulli hatten wir aber nicht storniert, um in diesem Ausnahmejahr flexibel Urlaub machen zu können. In Koblenz sammelten wir unsere Freunde Fabian und Jonas samt Rennrädern ein und machten uns auf nach Bad Dürkheim in die Pfalz.

An der Deutschen Weinstraße drehten wir eine schöne bergige 100km Runde durch den Pfälzerwald und beluden im Anschluss den Bulli mit reichlich feinherben Riesling vom Weingut Bärenhof. Tags darauf gab es einen kurzen Abstecher zu Jonas‘ Radsponsor Racextract in den Schwarzwald, wo wir erst die Hornisgrinde erklommen und anschließend den Abend bei Bier und Gegrilltem ausklingen ließen.

Dann sollte es aber endlich in die Berge gehen, genauer: Zernez in den Engadiner Alpen. Obwohl das Wetter nicht recht passte, wurde unser Eindruck der unfassbar schönen Natur nicht geschmälert. Neben dem Julierpass und dem Albulapass befuhren wir auch den Flüelapass seitens Davos. Hier waren wir Ende August für die Challenge Davos angemeldet und hegten (noch) berechtigte Hoffnung auf eine Durchführung.

Nach drei kühlen Nächten ging es weiter zur Südtiroler Grenze, von wo aus wir unser radtouristisches Highlight, das Stilfser Joch, von Prad aus erklommen. Die Abfahrt im Regen bei einstelligen Temperaturen erfolgte über den landschaftlich schönen und verkehrsarmen Umbrail-Pass.

Anschließend ging es langsam zurück nach Deutschland, wo wir zunächst einen Zwischenstopp am Bibisee in Bayern machten. Am nächsten Tag brachten wir Jonas und Fabian in München zum Zug, damit sie ihre Heimreise antreten konnten. Wir verbrachten zwei weitere Nächte am Simssee und in Rosenheim, um dann nochmals in die Berge, dieses mal Arlberg in Tirol, zu fahren. Dort ließen wir es sportlich deutlich ruhiger angehen und unternahmen einige Wanderungen. Die Heimreise über die Silvretta-Hochalpenstraße war landschaftlich noch einmal richtig schön und die letzte Nacht genossen wir am Bodensee – leider nicht mehr so abgeschieden wie die Nächte zuvor. Mit insgesamt ca. 500km, 7000 Höhenmetern und ziemlich müden Beinen, kamen wir wieder in Butzbach an.

Kurzes Intermezzo auf der Bahn und Wetterau 70.3

Zwei Tage nach unserer Rückreise stand in Wenden das erste offizielle Rennen seit der Corona-Pandemie an: Ein 3000m Lauf, in dem Jonas Hoffmann mir auf 8:45min Tempo machen sollte. Zusammen mit Marco Giese wollte ich es hinten heraus dann krachen lassen, um die 8:40min an einem guten Tag zu unterbieten. Spezifisch trainiert hatte ich zwar nicht, aber das Feeling bei den Trainingseinheiten im Urlaub war gut. Somit ging ich sehr optimistisch in das Rennen. Die ersten zwei Kilometer liefen wir im Sog von Jonas mit jeweils 2:50min sehr flott an. Bei 2,4km übernahm ich dann die Führung und gewann Dank einer langgezogenen Schlussoffensive das Rennen in 8:26min.

3000m Lauf in Wenden
3000m Lauf in Wenden 2020

Eine Woche später veranstaltete unser Vereinskamerad Marco Dohle das inoffizielle Wetterau 70.3 Rennen – eine Mitteldistanz in DIY-Style am Trais-Horloffer See. Zuerst wurden bei leichtem Regen 1,9km geschwommen. Mit den ermittelten Abständen ging es dann als Jagdstart auf die anspruchsvollen 90 Radkilometer, um schließlich in 7 Runden um den See den Halbmarathon voll zu machen. Becci beschränkte sich an diesem Tag auf das Schwimmen und bildete mit zwei Lauffreunden eine Staffel. Ich wollte einfach einmal testen, wo ich stehe, wenn es über eine komplette Halbdistanz geht.

Im Neo stürzten wir uns also in die Fluten und verprügelten das Wasser. Becci beendete das Schwimmen nach starken 35:39 – das Zugseiltraining und häufiges Schwimmen im See hatten hier also Früchte getragen. Ich war mit 32:15 nicht so wirklich zufrieden. Zur 1:30er Pace fehlte einfach eine ganze Ecke, sodass ich mit 2:16 Rückstand auf die Radstrecke ging.

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Jagdstart nach der Schwimmen

Schon bei Radkilometer 30 hatte ich die Lücke zur Spitze geschlossen und konnte daher erstmal etwas rausnehmen. Bei 40km setzte ich dann eine erfolgreiche Attacke und löste mich von meinen Mitstreitern. Mit komfortablem Vorsprung stellte ich das Bike in T2 (meinem Kofferraum) nach 2:23 ab, wechselte in die Laufschuhe und spulte die ersten 12km in 3:17er Pace bei inzwischen schwülwarmen Wetter ab. Ungefährdet konnte ich dann etwas Tempo herausnehmen, um mich nicht allzu sehr abzuschießen. Im Ziel standen wirklich entspannte 1:14 auf der Uhr. Zufrieden sprang ich zur Abkühlung in den See. Die Rennverpflegung vertrug ich sehr gut und die Laufleistung machte dezent Lust auf die anstehende Challenge Davos 2020.

Super gefühlt beim abschließenden Halbmarathon um den See
Super gefühlt beim abschließenden Halbmarathon um den See

Nächstes Wochenende – nächstes Rennen: Diesmal wieder in Wenden auf der Bahn über 5000m – am vermutlich heißesten Tag des Jahres. Da Becci die extreme Hitze weniger mag, entschied sie sich nicht zu starten und stattdessen zu supporten. Trotz einer harten Trainingswoche und der Hitze hatte ich mir die 15-Minten Schallmauer in den Kopf gesetzt. Bereits nach 2km musste ich aber erkennen, dass dieses Vorhaben nicht gelingen würde. In kontrollierten 15:16 gewann ich das Rennen dennoch komfortabel und bestätigte meine zuletzt solide Laufform.

Endlich wieder richtige Rennen – Duathlon Büdingen

Nur eine Woche später hatten wir das Glück, unser erstes richtiges Rennen in 2020 über mehr als nur eine Sportart anzutreten. Mit Glück konnten wir noch zwei Startplätze über die Olympische Distanz ergattern. Dies bedeutete für uns 10km Laufen, 40km Radfahren und nochmals 2,5km Laufen.

Beim Check-In in die Wechselzone wurde erstmal Fieber gemessen. Masken waren bis kurz vor Beginn absolute Pflicht. Gestartet wurde als Verfolgung mit jeweils 20sec Abständen. Dieses Format machte es natürlich unmöglich, die eigene Position im Rennen zu überblicken – Vollgas war also angesagt.

Rebecca ging ca. 4min vor mir auf die Strecke. Den sehr verwinkelten Kurs absolvierte sie in 43:03min, bevor es auf die vier hügeligen Radrunden ging. Mit einem Mittelwert von 190Watt reichte es zu einem 34,4km/h Schnitt, was an dem Tag die schnellste Zeit bei den Frauen bedeutete. Den abschließenden Lauf finishte Becci in 10:28min, was unter dem Strich zu Gesamtrang 2 reichte.

Bei mir blieb die Uhr nach Lauf 1 bei 33:19min stehen. Den Radpart absolvierte ich im 38,1km/h Schnitt, den Abschlusslauf finishte ich in 8:36min. Ich war mir relativ sicher, gewonnen zu haben – das offizielle Ergebnis bekamen wir aber erst im heimischen Garten beim After-Race Bier: Mit 14 Minuten Vorsprung sicherte ich mir den Gesamtsieg.

Drama Davos

Die Challenge Davos 2020 – mein erster Start als Profi über die Mitteldistanz. Becci war zusammen mit ihrer Freundin Julia Sust über die Olympische Distanz gemeldet. Ein episches Rennen in den Bergen: Schwimmen im Davoser See auf 1560m Höhe, Radfahren über den Flüelapass -bei der Mitteldistanz zweimal, Laufen zum Abschluss auf profilierter Runde vom Davoser Eisstadion ausgehend. Eines der härteste Rennen, die man finden kann – und in diesem Jahr auch eines der wenigen, die stattfinden sollten.

Vorfreude auf den bis dahin geglaubten einzigen Triathlon in 2020
Vorfreude auf den bis dahin geglaubten einzigen Triathlon in 2020

Da Becci an dem Freitag noch arbeiten musste, ging es erst mittags in Richtung Davos. Der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Einstellige Temperaturen und viel Regen waren angesagt. Eine Absage des Schwimmens erschien aber unrealistisch, da der See von den bis dahin noch schönen Tagen gut aufgewärmt war. Mit Überquerung der Schweizer Grenze hinterm Bodensee setzte dann auch der gemeldete Regen ein. Angekommen in Davos marschierte ich sofort zur Startnummernausgabe der Profis. Dann absolvierten wir noch schnell eine kleine Wettkampfvorbereitung, aßen zu Abend und gingen recht früh ins Bett.

Am nächsten Morgen -es hatte permanent durchgeregnet- wurde bekannt gegeben, dass das Rennen stattfinden wird, allerdings mit neutralisierter Abfahrt und Jackenpflicht auf dem Rad. Wir checkten unsere Laufschuhe ein und begaben uns zum See. Ich wärmte mich im Neo auf, da es unglaublich kalt war. 30 Minuten vor Beginn mussten wir uns bereits wettkampffertig in den Vorstartbereich begeben. Das hieß, barfuß auf einer nassen und kalten Wiese zu stehen und eiskalte Füße zu haben.

Kurz vor dem Start um 10:45 Uhr wurden die Profis schließlich aufgerufen und wir begaben uns zum Start. Auf dem Weg ins Wasser donnerte es plötzlich. Wir spendeten spontanen Beifall und gingen trotzdem ins Wasser – Adrenalin ist offenbar ziemlich zuverlässig, um den Verstand auszustechen. Mein Schwimmen war leider nicht konkurrenzfähig genug, sodass ich ohne Wasserschatten die 1,9km in 31:30min beendete. Zwar 45sec schneller als beim Wetterauer 70.3, aber viel zu schlecht für ein Triathlon-Profirennen. Zumindest weiß ich nun, an welcher Schwäche viel gearbeitet werden muss. Nach Beendigung des Schwimmens war ich heiß, meine Aufholjagd zu starten. Leider wurde ich in T1 mit den Worten „Rennabbruch“ begrüßt. Auch auf dem Pass gewitterte es offenbar, sodass ein Rennabbruch die einzig vernünftige Alternative war.

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Nass, frustriert und durchgefroren oben auf dem Flüelapass

Frustriert und durchgefroren radelten wir unvollendeter Dinge zurück zu T2, um unseren Laufbeutel abzuholen. Nach langem und heißen Duschen fassten wir den Entschluss, die Räder zu schnappen und in Eigeninitiative doch noch den Flüelapass zu erklimmen. Auch wenn es weiterhin stark regnete, war zumindest das Gewitter vorüber. Der Anstieg war schon superzäh – keine Spannung mehr nach dem Abbruch und zu wenig Anpassung an die Höhe in weniger als 24h. Die Abfahrt war temperaturtechnisch sehr grenzwertig. Zurück in der Ferienwohnung wärmten wir uns wieder auf, um den Abend dann in geselliger Runde zu begießen.

Hier hätte die Davos Story eigentlich enden sollen. Genervt vom Dauerregen, wollten wir am nächsten Morgen zeitig nach Hause, um nachmittags auf dem Rad die Butzbacher Sonne zu genießen. Leider kam es anders – direkt hinter der Schweizer Grenze kam ein fremdes Fahrzeug durch Aquaplaning ins Schleudern und räumte uns mit ab. So verbrachten wir zwei Stunden im strömenden Regen auf der A5, bevor der Abschleppdienst kam. Bis wir ein Ersatzfahrzeug für drei Personen, drei Fahrräder und jede Menge Gepäck hatten, vergingen weitere Stunden.

Irgendwann kamen wir -sehr spät am Abend- zu Hause an. Mehr als schlafen war allerdings nicht mehr drin. Mit Zuversicht nach Davos gereist, endete das Wochenende eher im Chaos. Hoffentlich wird’s das nächste Mal anders laufen 😉 Davos, wir kommen wieder!

5000m Bestzeit und Alzenau Triathlon an einem Wochenende

Zwei Wochen nach Davos hatten wir beide das Privileg sogar jeweils zwei Rennen zu absolvieren. Freitag Abends starteten wir außer Konkurrenz bei den Hessischen Meisterschaften über 5000m und Sonntags bekamen wir spontan noch einen Startplatz beim Alzenau-Triathlon 2020.

Die Hessischen Meisterschaften in Friedberg lagen quasi direkt vor unserer Haustür. Für die SG Wenden aus NRW startend erhielten wir ein Startrecht außer Konkurrenz. Da noch einiges an Rennen geplant war, nahmen wir im Vorfeld nicht wirklich raus. Zwei Tage vorher stand bei uns beiden noch eine intensive VO2max Einheit auf dem Plan. Wir hatten beide meistens das Gefühl nach solchen Einheiten sehr gute Laufbeine zu haben – daher bot es sich in diesem Jahr an das Ganze unter Wettkampfbedingungen zu simulieren.

Friedberg
PB für Simon über 5000m in 14:44min

Zuerst startete Becci im sehr stark besetzen Frauenfeld. Nach einem flotten ersten Kilometer in 3:48 fand sie sich in einer 4er Gruppe wieder. Lange standen die Zeichen auf sub-20, doch nach rund 3,5km wurde das Tempo etwas verschleppt und der Puffer schmolz dahin. Mit einer beherzten Schlussoffensive packte Becci ihre Mittelstreckler-Qualitäten aus früheren Tagen aus und spurtete auf den letzten 300m gegen die Uhr – 20:00,03 – Denkbar knapp blieb sie über der 20min Schallmauer und lieferte doch eine Leistung ab mit der wir vorher nicht gerechnet hatten.

30min später startete dann das Männerrennen. Das Ziel: Meine Bestzeit aus dem Jahr 2008 von 14:56 zu verbessern. Ohne Interesse an den üblichen Meisterschaftsspielchen ging ich das Rennen von vorne an und lief in kontrollierten 2:58 auf dem ersten Kilometer an. Glücklicherweise übernahm dann ein Mitstreiter die Führung und ich konnte bis 2,4 im Sog mitlaufen. Dann versuchte ich nochmals zuzulegen und ging wieder nach vorne. Vor dem finalen Kilometer wurde ich wieder überholt und stehengelassen. Alles in die Waagschale werfend lief ich dennoch meinen schnellsten Kilometer mit 2:53 am Ende – 14:44,87 bedeutet meine zweite Bestzeit in 2020.

Tags drauf hieß es die Beine zu lockern und die Speicher füllen um Sonntagmorgen in Alzenau wieder konkurrenzfähig am Start zu stehen. Das Format: Sprint als Jagdstart – Alle drei Sekunden ein Athlet in die Fluten bis nach 20min alle 400 Starter auf der Strecke sind. Dann 20km Radfahren und 5km Abschlusslauf.

Erster Triathlon in 2020 in Alzenau
Erster Triathlon in 2020 in Alzenau

Rebecca erwischte einen Sahnetag im Wasser – das viele Zugseiltraining seit dem ersten Lockdown zahlte sich hier aus. Auf der Radstrecke war Sie aufgrund der verwinkelten Strecke mit dem Renner unterwegs, was sich als gute Entscheidung herausstellte. Gewohnt stark fuhr sie viele vor ihr gestarteten Athleten auf – wenn auch die volle Radstrecke hier und da Überholmanöver schwierig machten. Nach einem mittelmäßigen Wechsel ging es dann auf die wellige Laufstrecke wo die Beine trotz des 5000ers vom Freitag sehr gut waren. Mit dieser Leistung landete Sie auf dem sechsten Gesamtplatz (AK Platz 3), nur von bekannten Athletinnen aus der ersten und zweiten Bundesliga geschlagen.

Ich erwischte leider keinen besonderen Schwimmtag. Dafür lief es auf dem Rad um so besser. 20km Action und permanente Überholmanöver – zum Teil in vierter Reihe. Auf einen schnellen Wechsel bedacht ging dieser dann gewaltig schief. Die vorgeschnürten Schuhe waren zu eng, sodass ich 20sec benötigte um in selbige zu kommen – ein Vorgang der normalerweise nicht länger als 4sec benötigt. Ich merkte beim Lauf zwar die wilde Radfahrt und den 5000er vom Freitag – der 3:13er Schnitt spülte mich aber trotzdem bis auf den zweiten Gesamtplatz (1. AK) vor. Mit 50sec Rückstand musste ich mich nur einem starken Athleten aus der Bundesliga geschlagen geben.

Moret Triathlon – Simon MD & Becci OD

Es sollte also in diesem verrückten Jahr 2020 doch noch eine Mitteldistanz geben. Mit Glück ergatterten wir wenige Tage vor dem Start noch einen Platz über die Mittel- und Olympische Distanz. Der Rennkalender war inzwischen auch weiter gefüllt, sodass wir auch in dieser Woche nicht zu sehr auf die Bremse treten wollten.

Diesmal hatte ich das Vergnügen als erster zu starten. Im schnellsten Startblock mit Favorit Paul Schuster und sechs weiteren Triathleten ging es los. Die folgenden Startwellen zu je acht Personen folgten im 20sec Abstand. Mein Schwimmen war diesmal besser als erwartet und ich ging nicht mit zu viel Rückstand aufs Rad. Hier lief es aber alles andere als gut. Bereits in der ersten von vier 20km Runden verlor ich meine Verpflegung in einem Schlagloch, dazu waren die Beine diesmal einfach nicht da. In der zweiten Rennhälfte stabilisierte ich mich jedoch und stellte das Rad immerhin in Schlagdistanz zu Platz 2 in T2 ab.

Happy im Ziel  mit Gesamtplätzen 2 und 4 beim Moret- Triathlon 2020
Happy im Ziel mit Gesamtplätzen 2 und 4 beim Moret- Triathlon 2020

Mit einem sehr schnellen Wechsel kam ich gut ins Laufen rein. Leider war die sandige Laufstrecke „nur“ 16,5km lang – es hat aber gereicht um in 3:29er Pace auf den zweiten Gesamtrang vor Vorjahressieger Michael Lik einzulaufen. Der überlegene Gesamtsieger Paul Schuster hat mir an diesem Tag einfach zu viel Zeit im Wasser und auf dem Rad eingeschenkt. Auf die Laufleistung kann man aber aufbauen und die heutige Schwäche in den ersten beiden Disziplinen motiviert an diesen Schwächen noch akribischer zu arbeiten.

Eine Stunde nach mir hieß es feuerfrei für Becci. Nach ordentlichem Schwimmen ging es flott auf Ihr TT, wo die Beine zwar nicht ganz so gut waren wie die Woche zuvor aber immer noch eine ansprechende Leistung herauskam. Der abschließende Lauf war wie die Woche zuvor stark. Die 9,4km spulte sie in 4:25er Pace ab und sicherte sich damit den 4. Gesamtrang (2. AK).

Das Besondere an diesem Tag für uns war die fantastische Stimmung unter den Athleten. Alle waren froh endlich wieder Rennen zu haben und waren den Veranstaltern sehr dankbar. Das Gefühl die Ziellinie zu überqueren hatten wir alle viel zu lange vermisst!

Pläne für den Saisonabschluss 2020

Mit dem positiven Momentum beschlossen wir die Saison noch etwas in die Länge zu ziehen, hatte sie ja gerade mal im September richtig Fahrt aufgenommen. So meldete ich mich für den Ironman 70.3 Luxemburg an. Außerdem planten wir gemeinsam Anfang November bei unserem Heimrennen in Wenden unsere 10km Bestzeit auf der Bahn anzugreifen und eine Woche später bei den Westfälischen Cross auf Titeljagt zu gehen.

Tja was soll man sagen: Luxemburg fiel der Blaualge zum Opfer und die beiden Laufwettkämpfe dem Lockdown-light. Im zweiten Fall sehr verständlich – im ersteren weniger, hätte man den Triathlon ja sicherlich auch als Duathlon durchführen können. So kam es dass wir die erste Novemberwoche bei tollem Wetter noch unser Training durchzogen und dann in die wohlverdiente Off-Season 2020 gingen.

Ausblick 2021

Seit Dezember habe ich einen professionellen Coach an meiner Seite um frischen Wind in mein Training zu bringen und die Schwächen anzugehen. Nach drei Wochen Training kann ich bereits feststellen, dass der starke Fokus auf den vielen kleinen Stellschrauben genau der richtige Ansatz ist, um zum einen verletzungsresistenter zu werden und außerdem ökonomischer voranzukommen.

In diesem Winter werden wir beide vermehrt die langen Grundlageneinheiten nicht nur auf der Rolle, sondern auch draußen auf dem MTB absolvieren. Wir hoffen hierdurch unsere Fahrtechnik auf dem Rennrad und TT weiter zu verbessern um diese „Marginal Gains“ mitzunehmen. Auch das Zugseiltraining bekommt mehr Struktur, sodass wir beide bereit sein werden sobald die Bäder wieder öffnen werden.

Selber von außen gecoached, trainiere ich neben Rebecca aktuell vier weitere Triathleten. Die Zusammenarbeit mit sehr unterschiedlichen Charakteren bereitet mir sehr viel Freude und ist eine besondere Herausforderung. In 2021 will ich mich neben dem Literaturstudium über verschiedene Seminare weiterbilden um die bestmögliche individuelle Betreuung zu gewährleisten. Über weiteren Zuwachs meiner Trainingsgruppe würde ich mich natürlich sehr freuen.

An Silvester ist es genau ein Jahr her dass wir zuletzt Fleisch gegessen haben. Das vegane Jahr hat uns beiden gut getan und wir werden diese Ernährungsweise auch im neuen Jahr beibehalten.

3 Gedanken zu „Jahresrückblick 2020 – die Welt steht still aber wir machen weiter!“

  1. Erinnerungen werden wieder hervorgehoben und vermischen sich mit eigenen Gedanken über das Gelesene.
    Dass man bei solchen Trainingseinheiten noch Zeit hat ordentlich in den jeweiligen Berufen zu arbeiten, was wie ich beurteilen kann der Fall ist, davor ziehe ich meinen nicht vorhandenen Hut.
    Viel Erfolg und auch Spaß für das beginnende Jahr 2021!!!

    Antworten
  2. Lieber Simon,

    ich finde, du bist nicht nur eine Sportskanone, sondern hast auch einen echt unterhaltsamen Schreibstil. Weiter so, freue mich schon auf weitere Storys von euch.

    Liebe Grüße,
    Christiane

    Antworten
  3. Lieber Simon
    Deine/Eure Erlebnisse hast du toll beschrieben. Obwohl ich einiges von euren Erzählungen wusste, war es total spannend, das alles und vielesweitere, im Detail zu lesen.
    Wenn eure vegane Ernährung für uns auch manchmal problematisch ist, 😃
    beweisen eure Erfolge, das ihr auf einem guten Weg seid.
    Wir sind stolz auf euch.

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